Die Debatte braucht mehr Lust an politisch grundierter Science Fiction
Dieses Stichwort lieferte mir Tom Strohschneider in diesem Beitrag. Ein guter Moment um einzuwerfen: „Das habe ich doch schon immer gesagt“.
Ich kritisiere, dass Leute mit dem System das uns umgibt unzufrieden sind, dagegen protestieren und ein besseres Leben wollen aber keine Visionen haben, wie denn dieses bessere Leben aussehen soll. Was nützt es eine „Zerschlagung des Kapitalismus“, wenn man keine Alternative hat? Dann wird dieses Haus, was man abreisst im Handumdrehen wieder aufgebaut. Und wahrscheinlich nicht mit den Verbesserungen, die man beim Abriss erhoffte, sondern nur mit stabileren Grundfesten, die einem erneuten Abriss größeren Widerstand entgegensetzen.
Erfahrungsgemäß ist es dann auch meist so, dass sich nach einem Sturz innerhalb kurzer Zeit wieder dieselben in der oberen Etage befinden oder welche, die sich von ihrern Vorgängern nur dadurch unterscheiden, bessere Vorsorge gegen ihren Sturz getroffen zu haben.
Es fehlt an Utopien, das behauptete ich schon desöfteren. Es ist Unsinn etwas einzureissen, wenn man keine Alternative weiß, etwas Besseres aufzubauen. Man braucht kein altes Haus abzureissen, solange das neue noch nicht gebaut ist. Man braucht keine Revolution, bei der nach kurzer Zeit wieder das selbe Elend zu beklagen ist, man braucht eine Evolution, die eine Veränderung zum Besseren bewirkt und die Probleme die eben noch vorhanden waren, nachhaltig löst. So dass dieselben Probleme nie wieder im Weg stehen. Dass es dennoch immer wieder Probleme geben wird, die von uns Lösungen abfordern, ist das Prinzip der nie endenden Entwicklung zum Besseren. Das ist nicht der Grund aufzugeben, sondern die Aufgabe es anzugehen.
Ich habe von Kind an gern SciFi-Literatur verschlungen. Aus Neugier wie sie aussieht, die Zukunft, die Außerirdischen und alles was man unmöglich wissen, sondern sich nur in der Fantasie ausdenken kann. Wenn ich die Welt im Hier und Jetzt mit der SciFi-Welt damals gelesener Bücher vergleiche, dann stelle ich oft fest, dass die Zukunftsvisionen der Autoren in Bezug auf technische Errungenschaften längst eingetroffen sind. Aber die Gesellschaft entspricht nicht den Zukunftsvisionen der SciFi-Visionäre. Weil immer noch eine unsinnige Methode benutzt wird, die schon seit Anbeginn dieser „Erfindung“ eine Entwicklung zum Besseren blockiert: Geld.
Geld als das universelle Verrechnungsmittel von Waren und Leistungen, das aber grundsätzlich ungerecht gehandhabt wird und niemand zufriedenzustellen vermag. Ganz gleich ob er wenig, viel, extrem viel oder gar keins hat.
Lem beschrieb in seinen Zukunftsvisionen z.B. futuristische Transportmittel, in die man nur einsteigen musste, um damit zu fahren. Im Prinzip klappt das auch mit der Kasseler Straßenbahn, die auch in einem schön futuristischem Design gestaltet ist. Den Unterschied zu Lems Zukunftswelt bemerkt man, wenn ein Kontrolleur kommt und einem durch Abfordern einer satten Geldsumme in Erinnerung ruft, dass man dieses Verkehrsmittel nur nutzen darf, wenn man dafür Geld bezahlt. Obwohl dieses Fahrzeug völlig unabhängig davon fährt, ob darin Fahrgäste sitzen. Rein wirtschaftlich gerechnet, dürften die Straßenbahnen nur auf den Linien und zu den Zeiten fahren, wo auch sichergestellt ist, dass sie genügend zahlende Fahrgäste befördert.
Wenn es sich also rechnet, wie man zu sagen pflegt. Da aber die Straßenbahn eine infrastrukturelle Notwendigkeit ist, die zur Pflicht hat, zu bestimmten Zeiten auf bestimmten Linien zu fahren, muss der Fahrgast, der in der überfüllten Bahn einen Stehplatz auf der Treppe an der Tür ergattert hat, die leere Bahn zum Sportplatz von Dingenskirchen mitfinanzieren.
Fahren weniger Passagiere mit, muss zwangsläufig langfristig der Fahrpreis steigen, um die Straßenbahn zu finanzieren. Steigt der Fahrpreis, fahren weniger Passagiere mit. Der Preis müsste noch höher steigen und das öffentliche Verkehrssystem Straßenbahn auf kurz oder lang kollabieren.
Dies zu vermeiden wird „quersubventioniert“. Das heisst, Bürger bezahlen z. B. für Strom mehr, als dieser wirklich kostet und finanzieren damit die Straßenbahnen. Spätestens hier hat das Prinzip Geld als Gegenwert für Leistungen bereits kapituliert. Es geht nur noch darum, dass Geld in irgendwelche Töpfe fließt, damit das laufen kann, was sowieso laufen muss.
Dabei ist eine Verkehrsinfrastruktur öffentlicher Verkehrsmittel eine gemeinschaftliche Notwendigkeit, genau wie die Versorgung mit Wasser, Strom, Heizenergie, Information und Kommunikation, Unterkunft und natürlich auch Lebensmittel.
Wenn der Bäcker Konkurs anmelden muss, weil er seine Miete nicht mehr zahlen kann, weil sein Laden voller Brot liegt, welches deswegen keiner mehr kaufen kann, weil es am Geld fehlt, dann ist dies das Ende. Das Ende des Kapitalismus.
Was heraus kommt, wenn man die essentielle Notwendigkeit der Versorgung mit Lebensmitteln nach dem Aspekt des maximalen Profits organisiert, kann man an der haarsträubenden Praxis des Lebensmittelgiganten Alfred C. Toepfer International kopfschütteld nachvollziehen.
Umdenken erfordert Visionen. Man braucht Utopien um sich vorstellen zu können, was anders sein könnte, als das was ist. Für Utopien sind nicht die Politiker verantwortlich, sondern die Dichter und Denker, die Künstler und Schrifsteller.
Natürlich kann ich nicht die große Klappe aufreissen und von anderen etwas fordern, wenn ich selbst nichts tue. Deswegen kann ich hier werbend auf meinen Nebenjob als „Germanys next Bundeskanzlerin“ verweisen. Germanys next Bundeskanzlerin lebt in einer Parallelwelt in der das Geld bereits abgeschafft worden ist und zeigt auf, dass es dennnoch interessante Probleme zu lösen gibt. Die aber allesamt lösbar sind. Die Rechenenergie, die darin investiert wird, im Hier und Jetzt dieses Hin und Her und das Woher und Wohin des Geldes zu berechnen, reicht aus zur Berechnung für die Organisation der Notwendigkeiten zur Versorgung aller.
Statt berechnen zu müssen, wie man dem Bauern sein produziertes Getreide subventioniert, weil er vom Verkaufspreis nicht leben kann, muss berechnet werden, wieviele Helfer er braucht, wohin das Getreide geliefert wird, wie der Transport organisiert wird und wer, wann und wo ein Brot braucht. Und welches jenem am Besten schmecken könnte. Aber auch wie man die Bedürfnisse des Getreidebauern zu seiner vollsten Zufriedenheit sichert.
Wenn das Geld abgeschafft ist, dann bedeutet das nicht, dass fortan alle arm sind. Es schließt nur die Möglichkeit aus, den Zugang zu Notwendigkeiten verwehrt zu bekommen, weil man kein Geld hat. Wenn es kein Geld gibt, dann wird es schwieriger Grenzen zu ziehen, wer in einem Schloß leben darf und wer in einer armen Hütte. Wenn dies aber überhaupt ein Problem ist, so ist dies lösbar. Auf einem Schloß könnte wohnen dürfen, wem die gesamte Gemeinschaft das gönnt, weil er/sie etwas geleistet hat, was der gesamten Gemeinschaft zugute kommt. In einer armen Hütte muss niemand hausen, wenn der Anspruch der gesamten Gesellschaft der ist, das Allgemeinwohl zu verbessern.
Der kleine aber feine Unterschied zum Hier und Jetzt wäre, dass ein gedachter Superreicher, der sein Vermögen seiner Leistung verdankt, auf einem Schloß wohnt, einen eigenen Hubschrauber, Düsenjet und Yacht hat, in der Parallelwelt mit all seinem Luxus versorgt wäre ohne aber noch die Milliarden auf einem Konto deponiert zu haben, womit er die Verfügbarkeit der Geldmittel der Gemeinschaft entzieht. Er kann alles haben und sich alles leisten aber doch nichts haben, was er nicht nutzt. Der Wert seines Vermögens als Äquivalent zum Geld bleibt im gemeinschaftlichen Topf. Er hat wesentlich mehr Mittel in Form von Werten und Optionen als der Durchschnittsbürger zur Verfügung, was auch die Diskussionen über eine gerechte Verteilung in der utopischen Welt zulässt, aber er kann nicht davon Leben, der Gemeinschaft etwas zu entziehen. Viel mehr wird die utopische Gemeinschaft das Problem zu bewältigen haben, wie man ihm die Werte wieder entzieht, wenn er sie nicht mehr wert ist.
Germanys next Bundeskanzlerin spielt eine höchst überflüssige Rolle, denn in der gedachten utopischen Gesellschaft organisiert die Gesellschaft selbst die notwendigen Belange der Gesellschaft. Die Notwendigkeiten sind die Versorgung aller mit den Notwendigkeiten und der kontinuierlichen Entwicklung zum besseren Wohlbefinden aller. Es ist unmöglich von zentraler Stelle die Belange aller zu regeln. Deswegen übt die next Kanzlerin auch keinerlei Macht aus, sondern sorgt nur dafür, dass niemand daherkommt und die Macht an sich reisst. Machtstrukturen dienen vorrangig sich selbst und verbrauchen einen Großteil dieser Macht dafür, genau diese Machtstrukturen zu erhalten. Die Versorgung der Bevölkerung mit den Notwendigkeiten und die kontinuierliche Verbesserung des Wohlbefindens aller, benötigt keine Machtausübung, sondern Überlegungen, Organisation und genaue Berechnungen.
Zwangsläufig wird man bei diesem Modell mit dem Begriff der „Planwirtschaft“ konfrontiert. Das mag dem sauer aufstoßen, wer Planwirtschaft mit Misswirtschaft gleichsetzt. Eine Wirtschaft ohne Plan ist aber auch keine Wirtschaft. Und wenn der Plan der ist, Marktführer zu werden, wie im oben zitierten Beispiel „Alfred C. Toepfer International“, dann bleibt die gemeinschaftliche Notwendigkeit auf der Strecke.
So utopisch sind aber oben genannte gemeinschaftliche Aktivitäten zur Verbesserung der Gesellschaft nicht mehr, wenn ich z. B. an die freie Softwareentwicklung erinnern darf oder auch an uns Blogger. Ein Blogger bloggt nicht, um daran finanziellen Gewinn einzuspielen, sondern um auf die Gesellschaft einzuwirken. Sein Erfolg definiert sich, wie er seine Ideen einzubringen vermag und seinen Wert innerhalb der Gesellschaft bestätigt zu sieht.
Der Erfolg der Blogger sind Klicks und Leser. Obwohl man nicht absprechen kann, dass die Macht mit uns ist. Wir müssen vielleicht noch mehr lernen sie zu nutzen.
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